Zickenkrieg innerhalb der Tanzszene – Mythos oder Wahrheit? – Meine Erfahrungen

Bevor der eigentliche Artikel anfängt: Ja, es tut mir Leid, diese Überschrift ist grauenhaft reisserisch und auf BILD-Niveau, aber mir ist gerade einfach nichts besseres eingefallen. Jeder hat einen schwachen Moment…

Die Tanzszene, wobei ich mich hierbei größtenteils auf den Bereich Orientalischer Tanz und Tribal beziehen möchte, ist eine große Gemeinschaft, die sich über die gesamte Welt ausbreitet. Ständig herrscht ein reger Austausch, egal ob auf Festivals, oder in Internetforen. Es wird diskutiert, gelernt und zusammen gefeiert. Doch nicht immer geht alles friedlich von statten. Außenstehende mögen denken: „So viele Hühner auf einen Haufen, das kann doch nicht gut gehen!“ während viele Tänzer/innen sagen: „Wir sind eine Familie!“ Die Ansichten gehen demnach wohl je nach Standpunkt weit auseinander. Ich würde behaupten, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen – wie so oft

Meine ersten Berührungspunkte mit Zickereien im Tanzwesen hatte ich im Ballettunterricht. In der 8ten Klasse (glaube ich…oder war es schon vorher…ich weiß es nicht…) musste ich ein halbes Jahr auf Ballettunterricht verzichten, da mir der Nachmittagsunterricht in die Quere kam und ich vorerst nicht in eine andere Gruppe wechseln wollte. Damals hielt ich es für eine gute Idee, weil das Tanzen und Schule zu der Zeit etwas stressig war – genau ein halbes Jahr hatte ich diese tanzfreie Zeit ausgehalten. Da der blöde Nachmittagsunterricht blieb, musste ich mir einen neuen Kurs suchen, natürlich an der gleichen Ballettschule. Die Entscheidung war dann nicht weiter schwer, schließlich gab es nicht so viele bestehende Gruppen in meiner Altersklasse. Wie es der Zufall wollte geriet ich genau in die Gruppe, in der alle Showsolistinnen trainierten. Unsere Schule veranstaltete immer alle zwei Jahre eine große Galaschülershow und es gab immer die gleichen Mädels, die die Solos tanzen durften. Sie waren (bis auf eine Ausnahme) ein bis zwei Jahre jünger als ich – und einfach fantastisch. Sie konnten Dinge auf Spitze, die ich nicht Mal ohne halb so gut hinbekommen hätte – demnach alles etwas einschüchternd. Trotz allem gefiel es mir dort recht, das Niveau war insgesamt sehr anspruchsvoll und nach jeder Stunde kam ich halbtot nach Hause – es war großartig! Und ich muss zugeben, in der kurzen Zeit habe ich dort sehr sehr viel gelernt. Doch einen Punkt gab es, der mich sehr störte. Die Solo-Damen liebten es zu lästern. Und zwar immer, wenn sie gerade Zeit dazu hatten. Wenn wir uns für uns selbst dehnen sollten, wenn wir in zwei Gruppen tanzten und sie gerade nicht dran waren, wenn wir in der Umkleide waren, wenn Mal kurz Trinkpause war – einfach bei jeder kleinsten Gelegenheit. Es wurde über Mittänzer gelästert, welche Klamotten sie trugen, wie die Frisur aussah, wie die Technik war. Und wenn das nicht interessant genug war, dann redete man einfach über die komischen und peinlichen Mädchen aus der Schule – denn die meisten gingen auf die gleiche Realschule. Und warum ich das alles weiß? Sie haben nie heimlich Gelästert, es waren ihnen egal, wer es hören konnte und wer gerade daneben saß. Es war insgesamt nicht sonderlich tragisch – aber lästig. Und tatsächlich glaube ich nicht, dass sie so waren, weil sie sich viel auf ihre Stellung als Solistinnen einbildeten, sie wären so oder so zickig und eingebildet gewesen. Fun Fact am Rande: Sofern ich informiert bin tanzt seit geraumer Zeit von diesen Mädels niemand mehr. Sie haben alle aufgehört, wegen Arbeit, Ausbildung oder, weil der neue Freund das nicht wollte. Welcher Idiot will denn nicht, dass die eigene Freundin Ballett macht? Und welche Frau hört auf sowas? Naja, das ist jetzt wieder ein anderer Punkt.
Übrigens, als kleiner Nachtrag: Ich hab dort dann ungefähr ein halbes Jahr trainiert, dann bin ich im neuen Schuljahr (mit einem besseren Stundenplan) zusätzlich in meine alte Gruppe gegangen und hatte 2 Mal die Woche Ballett. Aber nicht sonderlich lange, dann war ich nur noch in meinem alten Kurs. Und wehmütig fällt mir auf, dass bis auf eine niemand mehr von damals übrig geblieben ist. Schade eigentlich.
Meine zweite zickige Begegnung hatte ich dann vor 2 Jahren. Ich war auf der Suche nach Auftrittsmöglichkeiten und schrieb im Zuge dessen einen Veranstalter an, der Mittelaltermärkte ausrichtete. Seine Antwort war, dass demnächst wieder in meiner Nähe ein Markt stattfinden sollte. Allerdings würde dort schon eine Tribalgruppe tanzen. Er riet mir, einfach vorbei zu kommen und die Damen zu fragen, ob es okay wäre, wenn auch ich tanzen würde. Er stellte mir auch in Aussicht mich mit den Bands zu unterhalten, vielleicht könnte ich zu live Musik auftreten. So, vorneweg: Würde mir heute ein Veranstalter sagen, ich solle mich mit einer anderen Gruppe absprechen, ob ich auftreten dürfte, würde ich einfach nur verständnislos mit dem Kopf schütteln. Als wäre so etwas Aufgabe der Künstler. Das hat ein Veranstalter zu bestimmen und niemand sonst. Aber naja. Ich kam also an und ging in den Backstagebereich (okay, es fand auf einer Burg statt und der Künstlerbereich war ein Teil eines Wirtshauses) und ging recht nervös zu den Tänzerinnen. Sie verwiesen mich dann sofort an die Chefin, die ich um Erlaubnis fragen sollte. Heute denke ich mir: „Was zur Hölle? Wo sind wir denn hier? Ist das die Mutter Gottes, oder was?!“ Aber damals war das noch ein wenig anders. Also bin ich brav zu der Königin hin, habe mich vorgestellt und gefragt. Ich wurde etwas abschätzig begutachtet, für nicht gefährlich eingestuft und mein Antrag wurde angenommen. Es war kein sonderlich schlimmes Erlebnis, die Damen waren auch relativ nett, aber man merkte, dass sie mich nicht sonderlich ernst nehmen und ich einfach nur irgendjemand war, der auch gerne einen Auftritt haben wollte. Und sie waren natürlich sowieso besser, weil, wie sie mehrfach stolz verkündeten, sie schon seit 10 Jahren zusammen sind und öffentlich auftreten. Und ich kann sagen: Ich habe sie tanzen sehen, sie waren nicht gut. Punkt. Sie waren wirklich nicht sonderlich gut. Aber darum soll es jetzt nicht gehen. Hauptsache sie haben Spaß an der Sache.
Von der umfrangreichen Herzlichkeit und familiären Kuschelmodus, von dem doch so gern berichtet wird, habe ich dort wenig gespürt. Ich glaube, wenn ich zu dem Zeitpunkt ein wenig profimäßiger und selbstbewusster gewesen wäre, hätten sie mich aus Prinzip nicht tanzen lassen. Aber das ist natürlich nur eine Vermutung.
Was mich persönlich sehr Überrascht hat war die Atmosphäre bei den zwei Wettbewerben, an denen ich bisher teilgenommen habe. Alle Teilnehmer waren sehr nett, niemand wurde angezickt, alle haben sich trotz Nervosität zusammengerissen und man hatte insgesamt nicht das Gefühl von Rivalen umgeben zu sein, sondern von Mitstreitern. Das hat mir wirklich gut gefallen. Ich weiß nicht, ob das speziell an der TribalFusionSzene liegt, oder ob ich einfach nur Glück hatte auf so freundliche Menschen zu stoßen. =)
Aber ich schätze Mal, es gibt da auch ganz andere Wettbewerbe, bei denen es so richtig zur Sache geht und die andere versucht die andere mit bösen Tricks aus dem Verkehr zu ziehen – mit einem gebrochenen Bein lässt es sich zum Beispiel sehr schlecht tanzen.
Vor einiger Zeit habe ich einen Bericht gesehen über junge Mädchen in einer russischen Ballettschule, die zu Tänzerinnen ausgebildet werden. Die eine, sie war vielleicht 9 Jahre alt, sagte dort, dass sie nie eine Primaballerina sein möchte, denn einmal wurde einer Primaballerina Glasscherben in die Spitzenschuhe gelegt, damit sie sich verletzt und aussetzen muss. Die Kleine hatte Angst, dass so etwas auch ihr passieren könnte, falls sie einmal so erfolgreich sein sollte. Das hat mich wirklich schockiert. Aber etwas in dieser Art habe ich zum Glück noch nicht miterleben müssen.
Während ich auch bei Festivals im Bereich orientalischen Tanz oder Tribal nie etwas Negatives erleben konnte (bis auf die Zickereien innerhalb einer Gruppe vor dem Auftritt) muss ich sagen, dass man dafür in Internetforen sehr fündig wird. Das eine war meiner Meinung nach sehr lustig: Meine Mutter suchte nach einem geeigneten Gruppennamen für meine Schülergruppe, weil mir nichts einfallen wollte (ich hab einfach zu sehr in der Fantasy- oder Romanrichtung gedacht). Meine Mutter kam dann auf eine Diskussionsrunde auf irgendeiner Seite, in der eine Lehrerin auch nach einem geeigneten Namen suchte und irgendwann während der Unterhaltung auf Masala (oder etwas ähnliches Richtung Gewürz und Essen) kam. Den richtigen Namen weiß ich leider nicht mehr, aber ich bin mir halbwegs sicher, dass es „Masala“ war. Anscheinend fühlte sich dann sofort eine andere Tänzerin angegriffen, denn sie schrieb darunter: „Das kannst du nicht nehmen, meine Gruppe heißt auch Masala!!!“ Nun ist Masala ja nicht der abwegigste Name der Welt, demnach gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass irgendeine andere Gruppe auch so heißen wird. Doch sie schien recht empört und beharrte auf ihrem Recht. Und so etwas erlebt man leider Tag für Tag in den verschiedensten Internetforen, besonders auf Facebook. Sei es ein Status, der veröffentlicht wird, oder ein Denkanstoß in einer der zahlreichen Bauchtanz-FB-Gruppen – ständig wird gestritten, diskutiert, gezickt, gekeift, mit dem Anwalt gedroht und ein Konfetti aus Beleidigungen geschmissen. Manchmal beteilige ich mich an solchen Runden aus Spaß an der Freude, gerne halte ich mich bei sinnlosen Inhalten aber auch zurück. Heute habe ich mich zum Beispiel wieder über eine große Diskussion aufgeregt, in der es darum ging, dass dicke Frauen schneller mit dem Bauchtanz aufhören und nicht über die Anfängerkurse hinaus kommen, weil sie nun Mal dick sind und deswegen weniger Lust haben. Ich habe nach der Logik gesucht, ich habe sie nicht gefunden. Und dann fühlten sich dickere Bauchtanzdamen natürlich angegriffen und so weiter und so fort. Aber diese Runde war noch recht harmlos. Schlimm finde ich persönlich die, die man unter jedem Eintrag findet, die immer ihren Senf dazu geben müssen und alles abschließen mit „?!!!??!?!?!?!“ Wird dadurch dein Kommentar wichtiger? Wirkst du kompetenter? Ne, eigentlich nicht oder? So auch gesehen bei einer Ausschreibung: Gesucht wurde ein Model für die Neugestaltung eines Onlineversandhandels für Bauchtanzbedarf. Gesucht wurde eine Frau mit der Kleidergröße 34 bis 38. Also eine schlanke Frau. Darunter wurde von einer üblichen Verdächtigen kommentiert „Also nur was für Hungerhaken!!!!!!!?“ Man findet sie überall und es ist immer die gleiche agressive Art zu schreiben.
Lustig war auch vor einiger Zeit ein geteiltes Video. Es war eine Performance von Didem (türkische Bauchtänzerin), die meistens die Massen spaltet. Viele finden sie großartig, einige eher weniger. Ich gehöre zur letzteren Kategorie. In diesem Video war ihr doch recht bekannter Auftritt zu sehen, in dem sie sich 3 Minuten auf dem Boden räkelt. Über dem Link schrieb die Posterin etwas darüber, dass sie es nicht gut findet, wenn man sich so lange und sexy auf dem Boden windet und dass das nichts mehr mit Bauchtanz zu tun habe, sondern einfach nur noch ein erotischer Tanz für Männer sei. Und dann ging es los…Die Diskussion dauerte mehrere Tage, immer mehr wollten ihren Senf dazu geben. Die einen stimmten zu, die anderen wären empört darüber, ob Frau jetzt also nicht mehr sexy sein darf und der orientalische Tanz doch sinnlich ist und so weiter und so fort. Es war eine Schlacht, in der viele böse Worte fielen. Und irgendwann war man dann so weit angekommen, dass gefordert wurde, dass Männer aus dem Publikum ausgeschlossen werden sollen, damit Frauen ihre Weiblichkeit ausleben können. Also wälze ich mich dann halbnackt 3 Minuten auf dem Boden vor Frauen…und das ist jetzt besser oder was? Geschmackssache, würde ich sagen.
Wie man merkt, die meisten dieser Internetdiskussionsrunden bringen rein gar nichts, so wie bei anderen Themen genauso. Es wird viel geflucht, viel gestritten, am Ende sind alle beleidigt und eine Lösung wird nicht gefunden. Oder einmal darüber geredet, dass jeder das recht auf eine eigene Meinung haben darf.
Zusammenfassend kann man sagen: In der Bauchtanz- und Tribalszene geht es so lange friedlich zu, bis man es wagt etwas kritische auf Facebook zu posten. 😉

Veröffentlicht von

aurynoriental

Bachelor of Arts, Tänzerin und Tanzlehrerin im Bereich orientalischen Tanz. Schwerpunkte: Tribal Fusion, Dark Fusion, Belly Dance Fusion Studium: Bachelor of Arts 1. Hauptfach Germanistik, 2. Hauptfach Kunstgeschichte Tanz: StepOn Instructor (Tanzfort- und Weiterbildung im Scarabeo Palace in Nürnberg)

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