Einleitung:
Oh Mann… Eigentlich wollte ich mich aus allen möglichen Diskussionen, die sich um den Bereich Tanzen drehen, raushalten. Einfach aus dem Grund, weil ich das Gefühl habe, dass es nie zu irgendeiner Form von Einigung oder gegenseitigem Verständnis kommt. Aber nun denn… Ich habe es wieder getan, ich habe mich wieder in eine Diskussion eingemischt.
Vorgeschichte:
Ich wurde auf ein Video aufmerksam gemacht (Grüße an dich, Desideria!), in dem eine ziemlich coole Tribal Fusion Performance zu sehen war. Hier ist der Link dazu, falls es jemanden interessiert: https://www.youtube.com/watch?v=qYo-RyUQYSw
Um jetzt nicht zu viel darauf einzugehen, hier eine kurze Zusammenfassung: Prinzipiell beschäftigen sich die vielen negativen Kommentare damit, dass die Tänzerin den Charakter der Kali nicht richtig getanzt hätte und dass ihre Interpretation unpassend, wenn nicht sogar für Gläubige beleidigend sei. Am besten fand ich folgenden Kommentar, der ungefähr so lautete: „Kali wouldn`t dance like that“ – spannend, da scheint jemand zu wissen, wie eine Göttin tanzt. Sorry, aber den Kommentar fand ich einfach so überaus dämlich. Wenn ich das nächste Mal einen „Fusion Elfen Tanz“ sehe dann kommentiere ich auch darunter, dass so eine Elfe niemals tanzen würde! Schließlich sehe ich Elfen. Die wohnen neben Kali. In der gleichen Straße. Ich schweife ab.
Was dann Mal wieder zu weit ging waren Anmerkungen wie „bar dancer“ und „slave dance“. Aber das ist ja ein altbekanntes Problem. Alles was auch nur entfernt mit Bauchtanz zu tun hat ist für eingie keine Kunstform, sondern reines provokantes und halbnacktes Gewackel.
Nun denn, wie gesagt musste ich mich dann doch einmischen, vor allem, weil ich es der Tänzerin gegenüber einfach unfair fand, all diese negativen Stimmen stehen zu lassen. Natürlich habe ich dann auch bisschen was abbekommen, die Anti-Leute schweigen eben selten.
Aber um den Streitgrund an sich geht es mir gar nicht.
Warum ist das meistens so?
Warum entsteht, manchmal auch aus dem Nichts, eine Diskussion aufgrund eines Tanzes, eines Kostümes, einer Tanztechnikfrage etc., was dann zu einem Sturm aus Gezicke und bösen Worten wird? Soweit ich weiß gibt es keine Bauchtanzpolizei, und wenn doch, dann habe ich wohl wirklich etwas verpasst.
Manche scheinen den Schlüssel zur allgemeinen Wahrheit gefunden zu haben und müssen genau diese dann auch oft und ausgiebig zum Besten geben.
Das Problem, neben dem offensichtlichen, dass es nervt, ist,dass man so sehr selten auf eine Einigung oder einen Schluss kommt, da es nur ein sich gegenseitiges beleidigen wird. Gerade wenn dann die Streitenden nicht den gleichen Tanzhintergrund haben, ist es irgendwann sinnlos. Wenn man nicht eine ähnliche Technik und Ästhetik teilt, wie soll man dann argumentieren, warum Performance XY nicht schön, oder ansprechend ist. Klassische orientalische TänzerInnen werden vielleicht innerlichen Verkrampfen, wenn sie meine „Demon Dance“-Auftritte sehen und sind vielleicht der Meinung, dass Dark Fusion auf geradem Weg wieder in die Hölle zurück verbannt werden soll. Währenddessen bin ich davon überzeugt, dass orientalisches Gedudel gepaart mit einem pinken Glitzerkostüm für mich als Zuschauer eher eine Folter, als eine Freude ist. Aber das ist doch in Ordnung. Niemals würde ich dann anfangen zu diskutieren, warum mir das nicht gefällt. Das ist ja mein eigenes Problem. Gleichzeitig möchte ich auch nicht unter meinen Tänzen Dinge lesen wie „Das ist viel zu düster, Tanz muss fröhlich sein!“ oder „Schwarze Kostüme sind grauenhaft“ etc.
Einfühlungsvermögen
Daher, frage dich immer, bevor du dich aufregen möchtest: „Ist es jetzt notwendig, wenn ich etwas dazu sage und ist meine Meinung in diesem Fall vielleicht nicht von Bedeutung?“ – eigentlich sollte man sich das immer fragen, bevor man sich äußern möchte, egal worum es geht. Manchmal ist man selbst nämlich gar nicht so wichtig, wie man immer denkt.
Vermeintliche konstruktive Kritik vs. richtige konstruktive Kritik
Immer wieder gerne ist dann auch zu lesen „Ich darf das sagen, konstruktive Kritik sollte immer erwünscht sein“.
Nun denn, das Wort „konstrutkiv“ wird generell etwas sehr weit gedehnt. Zum zerreissen weit gedehnt.
Aussagen, die nicht konstruktiv sind:
„Das finde ich schlecht“
„Das ist scheiße“
„Das gefällt mir nicht“
„Ich würde das ganz anders machen, das was du machst ist nicht richtig“
Aussagen, die konstruktiv sein können:
„Ich würde das eher so und so machen“
„Du könntest es vielleicht mit xy probieren“
„Versuch das doch nächstes Mal so und so zu machen“
Letzten Endes kommt es aber wohl auch auf den Kontext an, was konstruktiv ist und was nicht.
Kommentare, die als konstruktiv benannt werden, nur um zu verschleiern, dass man gerade jemanden ohne schlechtes Gewissen beleidigen wollte, sind bullshit. Konstruktive Kritik ist etwas tolles, sie soll jemanden helfen sich zu verbessern, oder zum Beispiel einen anderen Aspekt in Betracht zu ziehen. Es geht darum zu helfen, nicht jemanden zu sagen, dass etwas schlecht ist.
Endlose Facebookdiskussionen
(Ja, das habe ich jetzt zusammengeschrieben, als ein Wort. Kein Bindestrich. Das geht!)
Und dann gibt es diese Bauchtanzdiskussionen auf Facebook, die wohl nie enden wollen und bei denen ab irgendeinem Punkt, egal worum es geht, Sätze wie: „In meiner 25 jährigen Tanzkarriere…“, „Ich unterrichte nun schon seit 30 Jahren…“, „Damals wurde ich in Ägypten unterrichtet…“ zu lesen sind. Ohne Witz, dass ist echt supi, dass du so viel Erfahrung hast, aber dennoch hast du deswegen nicht immer überall Recht. Und das sind auch keine Aussagen, mit denen man eine Argumentation gewinnt. Damit dehnt man nur ein Streitgespräch unnötig in die Länge, ohne Informationen oder Erleuchtung zu verteilen.
Am Ende solcher Facebookgefechte ist jeder sauer und wurde auf irgendeine Art und Weise beleidigt. Gut gemacht, die Phase hätte man eigentlich mit der Grundschulzeit ablegen müssen. Manche wohl nicht.
Und genau aus diesem Grund möchte ich mich meistens nicht einmischen, weil ich weiß, dass ich ab einem gewissen Punkt persönlich angegriffen werde, obwohl es gerade nur darum geht, ob man jetzt mit High Heels tanzen sollte, oder doch besser barfuß. Jede einzelne zu erörternde Frage wird zu einem Krieg.
Ist das wirklich notwendig?
Warum ist der Irrsinn trotzdem wichtig?
Sich gegenseitig auszutauschen ist wichtig, auch bei einer Kunstform wie dem Tanz. Indem wir mit anderen darüber reden, was uns gefällt, was nicht und welche Gedanken wir zu bestimmten Themen haben, wachsen wir als Künstler aber helfen unserem Gesprächspartner gleichermaßen Ideen zu entwickeln und über Neues nachzudenken. Wenn jeder still in seinem Kämmerlein hockt und vor sich hinbrütet kommt die Kunst nicht voran und auch wir bleiben stehen.
Wir sollten lernen dem andern gegenüber Verständnis entgegen zu bringen, vorallem, wenn wir im gleichen tanzenden Boot sitzen.
Sich gegenseitig zu Tode zu zicken hilft niemanden und schreckt viele davon ab wichtige Vorschläge und Ansichten mit dem Internet, mit der Welt zu teilen.
Man sollte auch nie vergessen, dass es trotz allem eine künstlerische Freiheit gibt. Auch wenn dir die Form von Kunst nicht passt, kannst du wenig dagegen machen. Und das ist eigentlich auch ganz gut so. Denn letzten Endes kann man machen, was man will. Das ist das Schöne an Freiheit.
Am Ende möchte ich noch allen auf den Weg geben:
Generell haben wir alle eh keine Ahnung von gar nichts.
Also seid nett zueinander.
Oh Mann, schon wieder nach Mitternacht… Gute Nacht…
Wer Fehler findet darf sie behalten, ich les mir mein Gedankenwirrwarr jetzt nicht mehr durch.